ADHS

Legastheniker und Rechtschreibung und Schule

Okay, wenn man Legastheniker ist, hat man Probleme mit der Rechtsschreibung. Grob gesagt, schließt das eine das andere mehr oder weniger aus.

Unser Kleiner ist Legastheniker und hat eine isolierte Rechtschreibschwäche. Das heißt, er kann gut lesen, aber die Wörter nicht richtig auf das Papier bringen.

Wir haben letztes Jahr viel Arbeit, Zeit und Mühen hineingesteckt, daß zumindest die befürchtete Leseschwäche abgewendet wird. Dies haben wir auch erfolgreicht geschafft. Uns war/ist es auch viel wichtiger, daß er gut Lesen kann und somit Aufgaben verstehen kann. Jetzt besteht nur noch eine Schreibschwäche, für die uns auch ein Nachteilsausgleich zusteht.

So weit so gut.

Doch obwohl wir entsprechende Rechte haben und einen Nachteilsausgleich zugesichert bekommen haben und Legasthenie nachweislich eine Krankheit ist gibt es Probleme mit der Schule.

Im Zeugnis steht: Das Lesen sollte weiterhing geübt werden.

Wie bitte? Was meinen die, wie wir die Leseschwäche wegbekommen haben. Und in der einzigen Leseprobe die wir gesehen haben, hatte er eine 1. Was sollen wir bitte noch weiter üben. Besser geht es doch gar nicht!

Bei den Proben wird zwar keine Note hergegeben, aber alles mit rot korrigiert und nicht wie vorgeschrieben mit grün und es steht dann noch ein netter Spruch drunter:

Übe die Wörter fleissig, dann wirst auch Du besser werden

Dieser Spruch ist meines Erachtens absolut überflüssig, denn der Kleine bemüht sich ja. Zudem gehen wir ja nicht umsonst in Logopädie und machen alle möglichen Übungen. Zudem meinen seine Klassenkameraden, daß er durch die Probe durchgefallen ist und die Note 6 bei ihm nicht mehr ausreicht.

Diese Meinung ist wahrscheinlich nicht ganz unberechtigt, denn die Probe war nur noch rot und es wäre einfacher gewesen die richtigen Wörter zu markieren, als die falschen. Leider hat die Lehrerin versäumt die Klasse über Legasthenie und Nachteilsausgleich aufzuklären, obwohl sie dazu verpflichtet wäre.

Anderes Beispiel. Die Kinder werden in den Aufsatz eingeführt. Der erste Aufsatz wird gleich benotet. Die Noten fallen bei den meisten Kindern nicht besonders gut aus. Unser Kleiner hat eine 4-5.

Leider ist für uns nicht klar ersichtlich, woher die 4-5 stammt. Wurden die Rechtschreibfehler alle mitgezählt oder ist nur die Erzählweise berücksichtigt. Dies geht aus dem Kommentar zu der Probe nicht hervor. Der Kommentar für den vorgegebenen Einleitungstext lautete:

Versuche richtig abzuschreiben!

Manchmal frage ich mich, ob die Lehrerin nicht nur oberflächlich geschaut hat, was sie benoten soll oder ob sie sich zumindest grob über das Thema Legasthenie informiert hat. Denn wenn sie das hätte, wüsste sie, daß es für Legastheniker besonders schwer ist, Texte abzuschreiben und die einfachen Wörter richtig zu schreiben. Vielleicht spielt hier noch zusätzlich das ADHS eine Rolle, denn die Kinder haben keine Zeit richtig zu schauen und alles was so ähnlich ist, passt schon irgendwie. Auch ist es typisch für Legastheniker die schwierigen Wörter richtig zu schreiben. Das ist auch gut bei den Proben des Kleinen zu sehen.

Lustig ist auch, daß er in einer Matheprobe die Zeitverlängerung zugestanden bekommt und beim Aufsatz nicht.

Ja klar, sollten wir mit der Lehrerin, der Verbindungslehrerin, der Direktorin reden und das werden wir auch noch tun. Doch bin ich mittlerweile richtig zermürbt, da wir ständig zur Schule rennen müssen, um die einfachsten Zugeständnisse durchzusetzen. Angefangen bei der Brille im Sport bis zum Stiftaufsatz. Hätte er ihn nämlich nicht, dann könnte sie die ganze Probe als nicht leserlich kennzeichnen.

Diese ständigen kleinen Gespräche und noch die Tatsache der anderen Gespräche, daß er von anderen Kindern schikaniert und geschlagen wird und und und zermürbt und irgendwann hat man einfach keine Lust mehr. Vor allem, da wir bisher jedes Jahr eine neue Lehrerin bekommen haben und jedes Jahr wieder am Anfang nur noch zur Schule rennen und versuchen eine Kommunikation aufzubauen.

Doch jedes Jahr kommt der Spruch der jeweiligen Lehrerin (in leicht abgewandelter Form)

Schülerakten lese ich nicht, ich möchte mir ein eigenes Bild von den Kindern machen

Warum dann, versuchen wir mit den Therapeuten und Spezialisten Euch das Leben zu erleichtern und hinterlegen alles in der Schülerakte? Hier würde auch drinstehen, daß er regelmäßig Opfer von Schikanen ist. (Die Schikanen werden mir von anderen Müttern zugetragen. Einmal hatte ein 4.-Klässler versucht meinen Kleinen zu verteidigen und wurde dafür selbst bestraft. Von dem Vorfall habe ich von meinen Kindern leider nichts erfahren, da es für meinen Kleinen leider schon normal ist schikaniert zu werden).

Ich weiß, das Ganze klingt fürchterlich nach Frust, doch ist es für mich als Mutter sehr schwer, das richtige Maß an Trost, Ansporn und Übungen zu finden, wenn keine vernünftige Kommunikation besteht. Ich möchte schon, daß er sich im Aufsatz bemüht und er sollte eine Bildergeschichte  vollständig wieder geben – auch wenn die Rechtschreibung mehr als Kreativ ist.

Auch nervt es mich, daß man als Mutter dabei so fürchterlich machtlos ist. Wenn die Lehrerin das nicht will – dann ist das so. Es gibt keine Handhabe dagegen und wenn die Schulleitung hinter der altgedienten Lehrerin steht, dann bleibt einem als Mutter nichts anders übrig als zu hoffen, daß das Schuljahr bald vorbei ist und nächstes Jahr besser wird.

Wie denn mit der vorraussichtlich gleichen Lehrerin?

Schulwechsel in andere Sprengel sind leider so gut wie unmöglich.

4 Kommentare

  • Sylvia

    Oh Mella, wie gut ich das kenne !

    Absolut und 1 : 1 !

    Diese Kommentare unter dem Dikat und dem Aufsatz, das ist wohl irgendwo in einem alten Lehrbuch für Pädagogen so festgehalten, anders kann ich mir das nicht erklären. Das Kind soll fließiger üben, dann wird das schon. Das Kind soll sich besser konzentrieren , dann macht es weniger Fehler und kann besser abschreiben. Nein, ADHS hat das Kind nicht, das weiß unsere Grundschule besser als unsere Psychologin . Echte ADHS’ler stören den Unterricht, sitzen nie still und kommen aus sozial schwachen Familien. Dass sie ganz „normal“ wirken können, geht nicht in den Kopf der alteingesessenen Dorflehrerin. Dass Wörter schreiben keine Rechtschreibschwäche verhindert, ist auch noch nicht angekommen. Begriffe wie „Whirlpool“ (<- kam in seinem letzten Aufsatz vor, Dänemarkurlauber eben *g*) schrieb er meistens richtig, dass man aber "kommen" mit zwei M's schreibt, geht andauernd unter *seufz*.

    Mit dem Nachteilsausgleich schlagen wir uns gerade herum, aber ich fürchte, das bringt Junior kaum Erleichterung. Er hält sich schon lange für etwas dumm und traut sich schulisch kaum noch etwas zu .

    Endlose Jahre ist man als Eltern dem Lehrerlotto ausgeliefert. Das nervt !

    Dass dein Sohn aber in der Klasse fertiggemacht wird, ist sehr heftig. Wir hatten ähnliches bei meiner Großen, zwar „nur“ verbal, aber mit schlimmen Folgen. Ich kann dich nur ermutigen, in dem Punkt massivst einzugreifen, das geht nicht, gar nicht.

    • Mella

      Das mit dem „Dumm halten “ haben wir auch schon hinter uns. Geholfen hat uns dabei nur eines: Der Intelligenzquotient ist sehr gut und das wird ihm von uns und von er Klinik kommuniziert, auch daß Legastheniker und ADHS-ler meist intelligenter sind als die anderen hilft ihm.
      Die Diskussion haben wir ganz offen geführt und es geht ihm jetzt erheblich besser, so daß er sich nicht mehr für dumm hält . Unsere 2 haben sich nun eine tolle und gute Erklärung einfallen lassen:
      Die schlaueren Kinder sollen nicht hochnäsig werden und sich überlegen fühlen, deshalb hat ihnen die Natur ADHS und Legasthenie mitgegeben, damit die nicht so schlauen und somit normalen Kinder gleich gestellt werden.
      Diese Erklärung ist in der Hinsicht super, daß sich der Kleine wegen den Handicaps nicht mehr dumm fühlt und der Große fühlt sich nun besser, weil er lieber nicht überdurchschnittlich Intelligent sein will, denn die Nachteile findet er doof.
      Seit diese Erklärung meiner beiden Söhne, fühlt sich der Kleine nicht mehr dumm und lässt sich das auch nicht mehr einreden!

  • Ina

    Hallo Mella,

    deine Schreiben kommt mir so bekannt vor. Wir haben unseren Sohn zweimal testen lassen, nicht weil wir es nicht glauben wollten, sondern weil die Lehrer nur das SPZ aktzeptieren. Dabei kam aber das Gleiche raus und es wurde jetzt auch festgestetzt, dass in Rechtsschreibung und Grammatik eine Notenaussetzung standenfinden soll. Aber wahrscheinlich wird das genauso wenig passieren, wie das andere auch. Wir sind seit fast 4 Jahren Grundschule nur am kämpfen. Im Januar fangen wir mit einem speziellen Unterricht für Legastheniker an und zwar nach Reuter-Liehr und wir haben ihn für die 5. Klasse an eine Waldorfschule angemeldet. Von den staatlichen Schulen erhoffen wir uns nicht viel. Unserem Sohn wurde auch eine überdurchnittliche Intelligenz bescheinigt, nur keiner sieht das. Wir erleben es auch immer wieder, dass er sich seinen Nachteilsausgleich nicht einfordert. Er schämt sich für seine Schwäche.
    Wir hoffen jetzt, dass er an der Waldorfschule angenommen wird. Ansonsten haben wir noch die Option einer christlichen Privatschule. An beiden Schulen findet keine Notengebung statt, was wir auf jeden Fall schon mal positiv finden.

    • Mella

      Ja, die Probleme kenne ich wirklich nur allzu gut. Wir haben auch lange mit dem Gedanken an eine Waldorfschule gespielt. Doch bei unserem Kind ist eine Notengebung schon sinnvoll. Das mag am Anfang nicht so aussehen, doch auch gerade diese Kinder brauchen eine Bestätigung, wie sie stehen. Wenn es keine Noten gibt, braucht man auch nicht lernen.
      Ist zumindest mein Sohn der Meinung.
      Wir sind ja nun auf einem Spezial-Internat gerade für ADHS und Legastheniker. Es findet hier sehr wohl eine Notengebung statt. Und seit die Lehrkraft auf die Problematiken eingeht, bzw, die Probleme des Kindes nicht hochschaukelt, seit dem schreibt der wirklich gute Noten. Unser Großer hat sich in den Po gebissen, dass nun sein kleine Bruder ein besseres Zeugnis hätte als er. Und beide haben etwa einen Notendurchschnitt von 2,xxx und das in der Realschule. Und beim Kleinen eben auch als Legastheniker und ADHSler mit genereller Arbeitsverweigerung (die er nun aufgegeben hat).
      Unser Psychologe hat uns übrigens auch von Waldorf abgeraten, eben wegen fehlender Noten und weil hier die Motivation eben sehr schwierig ist.

      Besser wäre Montessori – hat er gemeint….

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