Irgendwie nach Santiago von Helmut Zissler
Wahrscheinlich haben viele auch das Buch von Hape Kerkerling „ich bin dann mal weg“ gelesen. Echt faszinierend und seit diesem Buch interessieren mich Menschen, die den eine lange Strecke pilgern.
Zuletzt bin ich über ein Buch gestolpert, dessen Autor vom Chiemsee nach Santiago de Compostella in Spanien zu Fuß gegangen ist. Den ganzen Jakobsweg.[aartikel]393840115X:right[/aartikel]
Wow, das ist ja mal wirklich eine Strecke!
Bevor ich ein Buch kaufe, schlage ich meist irgendwo eine Seite auf und lese ein paar Sätze, ob mir der Schreibstil gefällt. Ja, okay locker und sympatisch geschrieben. Also Buch gekauft.
Ich muss sagen: Mich hat schon lange kein Buch mehr so fasziniert!
Zum Inhalt: Kurz erzählt: Ein Mann geht vom Chiemsee in Bayern zu Fuß nach Santjago des Compostella.
Was das Buch aber ausmacht sind folgende Dinge:
Der Mann ist zu dem Zeitpunkt 68 Jahre alt.
Er hat gesundheitliche Gebrechen – vor allem seine Beine machen ihm zu schaffen und er braucht stündlich eine 5 Minütige Sitzpause. Dazu muss er einen Hocker mitschleppen
Er kann auch von widrigen Umständen etwas gutes abgewinnen und sieht viele Dinge von der pragmatischen Seite: wenn er eh schon sitzen muss, dann kann er auch gleich trinken
Der Autor nimmt sich selbst nicht so wichtig und alleine das ist schon eine Kunst, wenn man ein Buch einem Teil seines Lebens schreibt
Er muss nicht 100 % perfekt sein und steht zu seinen Fehlern und das macht ihn so unheimlich sympatisch.
Zudem ist er unheimlich bescheiden. Die Dusche ist kalt? Macht nichts, kaltes Wasser ist auch nass. Auf dem Boden schlafen? Kein Problem, so lange ich nicht auf ein Stockbett turnen muss …etc.
Und das wichtigste ist seine Lebenseinstellung und seine Sprache. Wenn man das Alter nicht weiß, könnte man ihn glatt 30 Jahre jünger einschätzen. Und genau das finde ich heute erstaunlich und leider auch sehr selten, dass die ältere Generation „jung“ bleibt und sich auch an die heutige Zeit anpasst. Gerade auch dann, wenn man bereits Großeltern ist.
Fazit:
Wie gesagt, dieses Buch hat mich wirklich und unheimlich stark fasziniert. Einen Menschen kennen zu lernen (wenn auch nur über sein Buch- welches er gar nicht schreiben wollte) der so jung, bescheiden und sympatisch ist.
Ich werde versuchen mir mal eine Scheibe vom Autor abzuschneiden.
8 Kommentare
Helmut Zissler
Von Helmut Zißler an Mella
Als Schreiberling des Buches: IRGENDWIE NACH SANTIAGO
habe ich mich sehr gefreut, als mir meine Tochter den Internet-Ausdruck Ihrer Buchbeschreibung vor die Nase hielt.
Eigentlich finde ich die Bezeichnung „Autor“ für mich fehl am Platz. Schließlich habe ich vorher noch nie ein Buch geschrieben, und werde auch keines mehr schreiben. Das ist so wie mit meiner Pilgerreise, die für mich ein einmaliges und großartiges Erlebnis war.
Ich werde oft gefragt, wann ich die Strecke wieder gehen werde, und kann nur antworten:
Nie mehr! Denn ich bin in Santiago als Pilger wirklich angekommen.
Alles andere, auch das Bewältigen von Teilabschnitten des Jakobsweges, wäre nur mehr ein ganz normales Wandern.
Das Schreiben des Buches, das ja gar nicht geplant war, war für mich auch eine ganz einzigartige Erfahrung. Einmal angefangen, hörte das Schreiben nicht mehr auf. Dabei brachte ich alles mit dem Bleistift zu Papier. Nur kurzzeitig wurde ich von meiner Krebserkrankung unterbrochen. Sogar an jenem Tag, an dem ich bei der Eröffnung der Diagnose zum ersten Mal selbst mit dem schlimmen Wort konfrontiert wurde, das angeblich jeden in ein tiefes Loch fallen lässt, ließ ich mich nur 4 Stunden, die ich für die Anmeldung zur OP und der ganzen Terminplanung, sowie für das Mittagessen vom Schreiben abhalten.
Selbst im Krankenhaus schrieb ich, außer auf der Intensivstation, weiter.
Durch meine doch ziemlich anstrengende Pilgerreise war ich aber körperlich so fit, und mental so gefestigt, dass ich die Operation gut überstand, und mit einem um 4 Tagen kürzeren
Krankenhausaufenthalt als sonst üblich, einen Rekord für die Klinik aufstellte.
Jedenfalls machte mir das Schreiben unheimlichen Spaß.
Nachdem zwei DIN A4-Ordner prall gefüllt waren, kaufte ich mir bei ALDI einen PC, und hackte mit zwei Fingern Buchstaben für Buchstaben in die Tastatur. Meine Enkelkinder erklärten mir, dass ich die Buchstaben nicht in das Papier zu stanzen brauche, denn das besorgt der Drucker. Tatsächlich war auch schon nach zwei Wochen die erste Tastatur im Eimer.
Nachdem mein Geschreibsel ein viertel Jahr lang in einer Wochenzeitschrift in Fortsetzungen veröffentlicht, und schließlich als Buch erschien, erlebe ich nun die dritte Phase, und das ist das Sammeln der vielen begeisterten Zuschriften von Lesern, die inzwischen schon fast einen Ordner füllen. Auch suchen mich viele Leser persönlich auf (wenn sie mich finden) worüber ich mich natürlich immer sehr freue.
Es ist für mich ein wunderbares Gefühl zu wissen, dass ich mit meinem Buch so vielen Menschen schöne Lesestunden bereiten kann. Darüber bin sogar ein bisschen stolz.
Eigentlich sogar ein großes bisschen. Aber bitte nicht weitersagen!
Mella
Hallo Herr Zissler,
über Ihren Kommentar habe ich mich jetzt wirklich sehr gefreut!
Für mich sind Sie eindeutig ein Autor, denn wer so flüssig, interessant, witzig und so sympatisch schreiben kann, ist anscheinend ein geborener Autor, denn Ihr Buch war für mich wirkliche ein Buch, welches sehr gut und flüssig zu Lesen war. Glauben Sie mir, ich lese wirklich gerne und viel, und Ihr Buch ist bei mir unter den besten 10 meines Lebens.
Aber genug von der Bauchpinselei (auch wenn es runter geht wir flüssiges Öl) – ich finde es wirklich super, dass Sie so einen netten und langen Kommentar bei mir hinterlassen haben. Meine Leser haben so die einmalige Möglichkeit bereits Ihren Schreibstil kennen zu lernen und haben so eine „exklusive“ Leseprobe erhalten.
Ich freue mich wirklich für Sie, dass Sie ihre Krankheit überwunden haben. Auch dass Sie diese lange Strecke geschafft haben. Dies ist für mich keine Selbstverständlichkeit. Meine Mutter ist ungefähr in Ihrem Alter und es liegen himmelweite Unterschiede zwischen Ihrer Einstellung zum Leben und zu ihrer Einstellung.
Es ist für mich sehr erfrischend und angenehm zu sehen, dass Menschen in einem gewissen Alter jung geblieben sind und weiterhin abenteuerlustig sind.
Es hat sich für mich nie die Frage gestellt, ob Sie den Jakobsweg nochmal gehen würden – ich empfinde dieses auch als einmaliges Erlebnis. Sie haben sich ja auch bereits den nächsten Abenteuern gestellt –
ein Buch geschrieben und mit dem PC in Kontakt getreten.
Pingback:
Pingback:
Pingback:
Pingback:
Pingback:
Pingback: